Erkenntnisse aus dem zweiten virtuellen Treffen des Netzwerks Mob Grazing
Am 16. Februar traf sich das Netzwerk Mob Grazing virtuell, um sich über standortangepasste Pflanzenbestände für Mob Grazing im Ackerfutterbau in Trockengebieten auszutauschen. Angesichts zukünftiger Dürren und veränderter Niederschlagsverteilung muss der Futterbau fit für die Zukunft gemacht werden. Hier kann die Arten- und Sortenwahl eine Stellschraube sein. Möchte ein Betrieb Mob Grazing einführen, muss er auch seinen Pflanzenbestand umstellen. Neu ist für viele Betriebe dabei, dass sich dann auch die Tierproduktion in die Aussaat „einmischt“.
Antonia Beck von Gut Temmen berichtete einleitend über ihre Erfahrungen aus drei Jahren Mob Grazing. In der Fruchtfolge des großen Betriebes in der Uckermark wechseln sich drei bis fünf Jahre Ackerbau mit einer zwei- bis fünfjährigen Beweidung ab. Hier verbesserten sich schlecht aufgelaufene Flächen von Jahr zu Jahr und die Beweidungsdauer im Ackerfutterbau konnte um 19 Tage auf 191 Tage verlängert werden. Vermeintlich beweidungsempfindliche Pflanzen wie Inkarnatklee und Luzerne blieben auch nach drei Jahren erhalten. Mob Grazing Experte Manuel Winter sagte dazu: „Man muss sich von dem Dogma lösen, dass Luzerne nicht beweidet werden kann.“ Denn obwohl die Luzerne als Pflanze bekannt ist, die für eine intensive Weidenutzung wenig geeignet ist, kann sie für Mob Grazing vorteilhaft sein.
Weltweit ist Luzerne die wichtigste Weidepflanze – nur funktioniert sie für unsere gängigen Beweidungssysteme nicht. Es braucht kurze Beweidungszeiten gegen Trittschäden und Überweidung sowie längere Rastzeiten. Gut Temmen beispielsweise kann 55 Tage Regenerationszeit gewährleisten und sieht die Luzerne als beste Pflanze bei der häufigen Trockenheit in Brandenburg. Auch auf der Bio Ranch Zempow, dem Betrieb von Wilhelm Schäkel, findet sich die Weideluzerne Luzelle in der Fruchtfolge und zeigt trotz Beweidung gute Erträge. Wilhelm kann sich eine Krumenvertiefung ohne Luzerne nicht vorstellen, da diese lockert und Humus aufbaut. Laut Berater Christoph Felgentreu von der IG Gesunder Boden konnte sich die Luzerne im Ökodorf Brodowin ebenso durchsetzen. Schwierig sei aber ihre Etablierung.
Die Luzerne stillt ihren hohen Wasserbedarf durch ihre tiefreichenden Wurzeln. Zur Bestandsetablierung während ihrer langsamen Jugendentwicklung aber sollte entweder der Tau im Herbst oder das feuchte Frühjahr genutzt werden. In Zempow beispielsweise hat sich eine Frühjahrsaussaat als Untersaat im Hafer und Sommerroggen als vorteilhaft erwiesen. Bei Böden mit wenigen Bodenpunkten ist eine gute Calciumversorgung zu beachten. Die unterschiedlichen Erholungszeiten von Gräsern und Luzerne können die Beweidung zum Balanceakt werden lassen. Bei hohen Tierbesatzdichten ist der zeitliche Spielraum gering, so dass Verzögerungen starke Auswirkungen auf die Fläche haben und zur Überweidung führen können. In Deutschland ist zudem der Wintereinbruch problematisch, da viele Luzernesorten nicht frosthart sind. Insbesondere Sorten aus Italien überzeugen im ersten Austrieb, lassen nach dem ersten Winter aber nach, anders als ungarische Sorten, welche frostresistenter sind.
Eine größere Sortenvielfalt ist demnach wünschenswert. Gut Temmen führt deswegen aktuell einen Aussaatversuch durch. Ziel ist es, jene Luzernesorten zu finden, die am besten mit den örtlichen Standortbedingungen zurechtkommen. Hierfür werden 21 Sorten in drei Wiederholungen auf einer Parzellengröße von sechs mal hundert Metern ausgesät. Verglichen wird auch die Schnitt- und Weidenutzung. Im Laufe unseres Projektes werden wir weiter darüber berichten.