Bäuerinnen und Bauern aus Brandenburg und anderswo suchen zunehmend nach Futterbausystemen, mit denen sie ihre Tiere auch bei extremer Frühjahrs- oder Sommertrockenheit mit ausreichend Futter versorgen können. Deshalb nahmen erneut über 80 Landwirt*innen und andere Akteure aus Wissenschaft und Verbänden am diesjährigen Mob Grazing-Feldtag teil.
In die ehemalige Scheune des Gut Temmen luden die Veranstalter Bioland und das Netzwerk Mob Grazing ein. Wie gewohnt war der Betrieb wieder ein hervorragender Gastgeber. Gelegen in der Uckermark und umgeben von kleinen Seen lässt es sich dort auch bei heißen Temperaturen gut aushalten. Die Vorträge am Vormittag stießen auf reges Interesse, die Diskussion zeigte, dass sich viele der Anwesenden schon intensiv mit Mob Grazing beschäftigen. Inga Schleip und Nils Holger Zahn von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde stellten die Ergebnisse aus den ersten Jahren der ansässigen Feldversuche vor. Ruven Hener, der stellvertretende Leiter des Bereichs Rinder auf Gut Temmen, vermittelte anschaulich seine praktischen Erfahrungen. Am Nachmittag ging es auf die Weide. Das köstliche Mittagsbuffet, bei dem neben vegetarischen Speisen auch Rindergulasch aus der Rinderhaltung des Gutes Temmen gereicht wurde und der gemütliche Ausklang am Grill mit lokalem Fassbier taten ihr übriges.
Insbesondere Brandenburg mit seinen sandigen, nährstoffarmen Böden leidet unter zunehmenden Dürren. Mob Grazing könnte eine klimaresiliente Weidestrategie mit großer Bedeutung für die Wiederkäuerernährung in der Region sein. Dies erforscht das Projekt „Mob Grazing im Ackerfutterbau“ auf Gut Temmen und anderen Betrieben. Dabei wird untersucht, inwieweit sich Mob Grazing erfolgreich in Norddeutschland umsetzen lässt, mit Bodenaufbau bei einer gleichbleibend guten Futterversorgung der Tiere.
Die Daten der Versuchsjahres 2022 sind mittlerweile vollständig aufgenommen und teilweise analysiert, wie der wissenschaftliche Mitarbeiter Nils Zahn berichtete. Die für Mob Grazing ausschlaggebenden Kriterien wie Besatzdichte, Weidereste, kurze Aufenthaltsdauer, und hohe Aufwuchshöhen konnten erfolgreich auf den Versuchsflächen umgesetzt werden. Um die Daten zur Bodenfeuchte zuverlässig zu interpretieren, bedarf es noch weiterer Messungen in diesem und dem kommenden Jahr.
Für Ruven Hener hat sich Mob Grazing schon jetzt bewährt. Die Bestände stehen trotz der Trockenheit gut da und die Tierzunahmen lassen keine extensive Mast vermuten. So erreichen die Ochsen in zwei Jahren zwischen sieben- und achthundert Kilo. Es wurde deutlich, dass Ruven vor allem das Wohl seiner Tiere am Herzen liegt. Auch wenn die Betriebsabläufe mit Mob Grazing auf den ersten Blick arbeitsintensiver erscheinen, seien die Tiere insgesamt deutlich ruhiger und auch gesünder. Aus dem Publikum wurden viele Fragen zur praktischen Umsetzbarkeit gestellt und auch Bedenken geäußert, ob das Weideverfahren bei zunehmendem Wassermangel funktionieren kann. Fakt ist, dass auch diese Methode kein Wasser „herbeizaubern“ kann. Ruven und seine Mitarbeiter*innen beobachten jedoch, dass das Umsetzen der Zaunpfähle in den Sommermonaten auf den Vergleichsflächen viel schwieriger ist als auf den Mob Grazing-Weiden, weil hier der Boden trotz der anhaltenden Trockenheit viel weicher und durchlässiger ist.
Edmund Leisen von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen stellte die Ergebnisse eines Luzerne-Versuch auf Gut Temmen vor. Luzerne ist ein wichtiger Bestandteil des Futterbaus im Rahmen von Mob Grazing und kann an mehr Standorten angebaut werden als angenommen. Dabei kommt der richtigen Sortenwahl eine große Bedeutung zu. So konnten auch am Standort Gut Temmen deutliche Sortenunterschiede festgestellt werden, welche Edmund Leisen den Besucher*innen am Nachmittag auf dem Feld zeigte.
Bei der Flächenbegehung besichtigen wir natürlich auch die Mob Grazing-Versuchsparzellen. Hier zeigte sich der direkte Vergleich zur benachbarten Referenzfläche deutlich. Als Highlight beobachteten wir den Herden-Umtrieb, bei dem die Tiere auf den nächsten Weideabschnitt gelassen wurden. Trotz der großen Besuchergruppe, die das Geschehen mit etwas Abstand verfolgte und die Tiere zunächst beunruhigt hatte, vollzog sich der Umtrieb gemächlich und die Tiere grasten bereits kurz nach Zaunöffnung ruhig in der neu zur Verfügung gestellten Fläche.